Und da erschien ihm ein Engel ...

Wir nahmen verwundert zur Kenntnis, dass die Konzernleitung ganz offenbar angelogen werden wollte.

Und das war leider kein Sonderfall, es war einfach nur das erste Mal in meiner langen Tätigkeit als Controller, dass ich in der Praxis erleben musste, wie abgehoben von der Realität viele hochrangige Manager doch sind und welches Maß an Selbstherrlichkeit und Arroganz unter ihnen herrscht – das trifft natürlich nicht auf alle zu aber leider auf viel zu viele. Damals begann ich zu ahnen, wie hohl und dumm im Grunde dieses Businessgequatsche ist, das leider viel zu viele Menschen für cool und clever halten und unglücklicherweise auch noch annehmen, dass man einen erfolgreichen Manager daran erkennt, dass er ständig solche hirnrissige, blödsinnige Sprüche ablässt. Die Sendung ‚Die Höhle der Löwen’ ist ja geradezu eine Hitparade solcher unsäglicher, dummer Attitüden, in der sich bedauernswerte Leute, die ihre Würde offenbar an der Studiotür abgegeben haben, vor solchen unerträglichen Business-Popanzen freiwillig zum Affen machen. Aber was kann man auch anderes von einem Format erwarten, das auf dem Mist seines Donald Trump gewachsen ist.
Und ich erkenne eben jenes Verhaltensschema, welches ich damals zum ersten Mal beobachtet habe, heute leider in so vielen hochrangigen Managern wieder. Wenn jemand solche Sprüche daherschwätzt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er sein Umfeld darauf konditioniert, ihn zu belügen und er vermutlich keine Ahnung davon hat, was in seinem Verantwortungsbereich tatsächlich vor sich geht. Eine wirkliche Führungspersönlichkeit ist immer bemüht, von ihren Mitarbeitern die Wahrheit zu hören zu bekommen, aber dazu gehört eben eine Persönlichkeitsreife, die all diese selbstgefälligen Wichtigtuer im Illusionskabinett des so genannten Big Business gerade nicht haben.

Aufreger Flughafen Berlin Brandenburg BER

Und nicht zuletzt, soweit ich die Affäre um den Flughafen Berlin Brandenburg BER verfolgen konnte, muss ich doch stark annehmen, dass die Verantwortlichen bezüglich der Bauzeit und der Kosten dieses Projektes ganz offenbar belogen werden wollten, weil sie vernünftige Zeitpläne und realistische Budgets und Planungen, die tatsächlich vorgelegt worden waren, nicht akzeptierten und das, weil sie selbst keine Erkenntnis davon hatten, welches Verhältnis an Zeit und Mitteln für einen solchen Bau angemessen war und sie somit eigentlich fachlich gar nicht geeignet waren, für ein solches Projekt die Verantwortung zu übernehmen.
Es gibt für solche anspruchsvollen und komplexen Großprojekte spezialisierte Planungsbüros, doch man war der Meinung, man könne das Geld für ein solches Planungsbüro einsparen, weil man es genauso kann – und wie nicht selten in solchen Fällen wurde eine solche ‚Einsparung’ letztlich um sehr vieles teurer, als es gleich Leuten zu überlassen, die wirklich etwas davon verstehen. Es ist leider eine Unsitte geworden, dass die dümmlichen Attitüden und Phrasen vermeintlich fähiger Manager vom Schlage eines Richard S. „der Gorilla“ Fuld, eines Thomas Middelhoff, Klaus Esser, ‚Joe’ Ackermann oder Donald Trump, die all die coolen Sprüche aus dem Phrasenschwein der Machbarkeitsideologien ohne Sinn und Verstand daherschwätzen, wie: wenn ich will, dass das schneller geht, dann hat das auch schneller zu gehen – ganz egal, ob sich das in der Realität auch tatsächlich umsetzen lässt – … wenn sie’s nicht können, dann macht’s eben ein anderer … Sie haben es nicht geschafft! Sie sind gefeuert! – völlig frei davon, dass kein Mensch auf der Welt es hätte schaffen können und schon gar nicht sie selbst – bis hin zu der unsäglichen Fehlannahme, es gäbe kein Unternehmen, das einfach ein seriöses, fair kalkuliertes Angebot zu einer Ausschreibung abgibt und man daher grundsätzlich alle herunterhandeln müsse und dergleichen schwachsinnige Ansichten, die leider viel zu viele Menschen als das klassische Handwerkszeug wirtschaftlichen Erfolgs ansehen und die doch eigentlich nur beliebige Versatzstücke sind, die unreife Persönlichkeiten in den Seminaren der hochgejubelten, großspurigen und zynischen Tschaka-Gurus wie denen eines Jürgen Höller oder Emile Ratelband aufgeschnappt haben und damit Unternehmerpersönlichkeiten darzustellen versuchen, die sie doch eigentlich gar nicht sind. Und meist ergibt sich die typische Persönlichkeitsausprägung solcher Manager ja tatsächlich aus einer ernsthaften narzisstischen Persönlichkeitsstörung.
Jedenfalls sind dergleichen Verhaltensweisen genau diejenigen, die dazu führen, dass man als Verantwortungsträger angelogen wird und irgendwann nicht mehr weiß, was in seinem Verantwortungsbereich eigentlich Sache ist. Und soweit ich es eben verfolgen konnte, wollten die Verantwortlichen für den Berliner Flughafen die unrealistische Planung und das absurd niedrige Budget vorgelegt bekommen, die sie dann auch erhalten haben und man kann somit nur sagen: Sie wollten darüber belogen werden, weil sie die Realität nicht wahrhaben wollten beziehungsweise gar nicht kannten und dies, weil sie sich in ihrer Einfalt von der Blase jenes absurden Machbarkeitswahns hatten vereinnahmen lassen und in dieser waren sie mit ihren Vorstellungen eben irgendwann abgehoben von jeglicher Realität.
Meiner Einschätzung nach ist dies durchaus einer der vielen Gründe für den peinlichen Verlauf dieses Projekts, allerdings einer von der Art, die doch eher in der Tiefe solcher hochkomplexer Großprojekte verborgen liegen und in den meisten oberflächlichen Betrachtungen nicht gesehen werden (wollen). Man gibt sich da ja lieber mit einfacheren Erklärungen zufrieden. Und nicht zuletzt wirft dies auch ein Licht darauf, dass hier wieder einmal Leute gegen hohe Vergütung Verantwortung von der Öffentlichkeit übernommen haben, die von ihrer Persönlichkeit her doch eigentlich gar nicht geeignet waren, diese zu tragen.

Und es verhält sich nun einmal so, dass Selbsterkenntnis eine Praktik ist, eben nicht den Bezug zur Realität zu verlieren und damit eben nicht alles dafür zu tun, dass man von anderen belogen wird. Ich kann meine sehr persönliche Sichtweise auf dieses Projekt hier natürlich nur sehr verdichtet darstellen und sie beruht wohl auch auf meiner grundsätzlich kritischen Sichtweise auf das teils unsägliche Selbstverständnis eines modernen Turbokapitalismus, die näher zu erläutern den Rahmen dieser Betrachtung sprengen würde. Und bedauerlicherweise haben sich eben auch schon viele Mandatsträger der Öffentlichkeit von solchen zynischen Business-Philosophien vereinnahmen lassen, die es den gewissenlosen Playern des Big Business gleichtun wollen. Ein besonders peinlicher Auswuchs solcher Ambitionen sind ja die nicht wenigen Fälle von Stadtkämmerern, die sich von irgendwelchen Bankern hoch spekulative Derivate als sichere Anlagen des Gemeindevermögens haben aufschwatzen lassen, weil sie sich damit persönlich doch wenigstens ein bisschen als ein großer Player fühlen konnten. Und ich denke, Sie selbst erleben im Geschäftsleben oder in Ihrem Alltag regelmäßig ähnliche Katastrophen wie bei diesem Großprojekt – nur eben von keinen so großen Ausmaß.

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