Da machte es klick! Irgendwo rastete irgendetwas ein und ich erblickte nun in völliger Klarheit den Sinn hinter all den rätselhaften Ereignissen der jüngsten Zeit. Ein jeder kennt wohl die Geschichten von verborgenen Schätzen oder sagenumwobenen Geheimnissen, die durch mysteriöse Rätsel geschützt werden. Das Motiv findet sich in zahlreichen Filmen, die das heutzutage in beeindruckende Geschichten und Bilder umsetzen – wie etwa die Indiana Jones oder Harry Potter Filme das tun. Den Helden fallen im Laufe der Handlung rätselhafte Gegenstände zu, mit denen sie zunächst nichts anzufangen wissen, doch irgendwann zeigt sich, dass es sich um Bruchstücke eines geheimnisvollen Artefaktes handelt. Die Filmhelden zermartern sich die Köpfe, aber nichts lässt sich sinnvoll zueinander fügen. Doch dann findet sich irgendwann in einer entscheidenden Fügung die Lösung. Sie erlangen den Schlüssel, der das Rätsel zu lösen vermag und mit einem Mal passt alles zusammen, alles fügt sich fast wie von selbst harmonisch und faszinierend zu einem stimmigen Ganzen. Bruchstücke, die vorher völlig sinnlos und nutzlos erschienen, fügen sich nun passgenau zu einem sinnvollen Gebilde zusammen und das Geheimnis wird dem verblüfften Zuschauer offenbar.

Für meine Traumszenerie war der Hinweis von Frau A ein solcher Schlüssel und mir wurde in diesem Augenblick die wahre Bedeutung dieses Traumes offenbar!
Die Frau hatte mit ihrer Lanze niemals einen Mord verübt. Sie hatte auch keinen verüben wollen, sie hatte schlicht mit souveräner Bestimmtheit verhindert, dass die ältere Geist-Frau etwas sagen konnte! Sie hatte sie buchstäblich ‚zum Schweigen gebracht’ aber ohne ihr in diesem übertragenen Sinne das Leben zu nehmen. Ich hatte keinen mörderischen Akt beobachtet! Es war nur eine höchst energische und effiziente Drohgebärde gewesen! Die Frau hatte diesen Geist mit solcher Macht zum abrupten Innehalten gebracht, dass gleich die gesamte  Szene eingefroren war.
Jetzt, da ich über den Schlüssel für diese Traumszene verfügte, griff auf magische Weise alles ineinander und ich erkannte Sinn und Bedeutung all der Bruchstücke, die sich nun fast wie von selbst zusammenfügten und das gesamte faszinierende Szenario vollkommen erklärten.
Es war mir nun vollkommen klar, dass ich es war, den die ältere Geist-Frau hatte ansprechen wollen. Da ich mich in dem Traum als Beobachter erlebt hatte, war ich wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass die ältere Frau die Frau mit der Lanze hatte ansprechen wollen. Aber nun wurde mir bewusst, dass ich mich ja in dieser symbiotischen Durchdringung mit der Lanzenträgerin befunden hatte und so hatte die ältere Frau nicht nur sie sondern auch mich angesehen, als sie zu sprechen anhob. Und ich wusste mit eben dieser unerschütterlichen Gewissheit, die mich nun mehr und mehr zu erfüllen begann, dass es nicht um eine bestimmte mysteriöse Botschaft ging. Die Lanzenkämpferin hatte nicht verhindern wollen, dass die Geist-Frau mir etwas ganz bestimmtes sagen konnte, sondern dass sie mich überhaupt ansprach! Mein Verständnis für die Traumszene wurde immer erschöpfender und so wusste ich mit einem Mal auch, dass diese Frau doch eine Kriegerin war, dass sie schon seit langen Zeiten um mich war und dass sie seit einer halben Ewigkeit immer und immer wieder genau die Tat ausgeführt hatte, bei der ich sie nun zum ersten Mal hatte beobachten können.

Ich empfand tief in meiner Seele eine innige Vertrautheit mit dieser Kämpferin. Gleichzeitig kam es mir vor, wie das Wiedererwachen einer längst vergessenen Erinnerung, einer Erinnerung, an die man nach sehr langer Zeit in tiefster, inniger Vertrautheit wieder anknüpft, mit dem Anflug eines leichten Schuldbewusstseins, ja Zornes gegen sich selbst, wie man so etwas wundervolles nur vergessen haben konnte. Sollte es wirklich sein, dass ich die ganze Zeit eine Weg- und Kampfgefährtin an meiner Seite oder besser: auf der ‚anderen’ Seite gehabt hatte, in der ‚spirituellen Welt’, die mir dort den Rücken freihielt? Ich hatte mein Leben stets als Kampf empfunden und mich mal mehr und mal weniger erfolgreich gegen meist stärkere Gegner geschlagen. Bei dem Gedanken, dass ich eine anmutige, streitbare Kampfgefährtin haben sollte, mit der ich mich Seite an Seite durch meine Existenz schlug, ich in der Welt des Materiellen und sie in der Welt des Spirituellen, überkam mich ein solch unermessliches Gefühl von Wärme und Dankbarkeit, dass mir in meinem Traum die Beine den Dienst versagten und ich zu Boden sank.
Ich war nicht mehr allein!
Damit verlor sich die Szenerie und verschwand. Ich erwachte.

Durch diese verblüffende Wendung waren die beiden Traumerlebnisse jedenfalls nicht mehr vom Vergessen bedroht, sie ließen mich, ganz im Gegenteil, in den folgenden Tagen nicht mehr aus ihrem Bann. Die Bilder waren so unglaublich klar und deutlich gewesen und ich hatte meine eigenen Gedanken und Emotionen so bewusst und real wahrgenommen, dass sie mich völlig vereinnahmten. Die wunderbaren Gefühle, die durch diesen Traum erweckt worden waren, beflügelten fortan meine Stimmung und ich dachte viel über diese neu gewonnenen Erkenntnisse nach. Darüber wurde mir nun auch wieder bewusst, dass mir in dem Augenblick, als die Szenerie zu mir heranzoomte, etwas Seltsames an der Haltung der Lanzenträgerin aufgefallen war, was ich in jenem Moment aber nicht hatte greifen können. Doch nun verdichtete sich dieser vage Eindruck auf das entscheidende Moment. Es hatte damit zu tun, auf welche Art die Frau die Lanze gehalten hatte, dem Blick eines erfahrenen Soldaten war dieses bemerkenswerte Detail nicht entgangen.

Die Frau hatte die Lanze nicht, wie ein ungeübter Laie es wohl getan hätte, am langen Arm gehalten, das heißt, sie kraftlos vor sich herabhängen lassen und dann, nur aus dem Heben der Arme nach vorne einer ineffizienten Biometrie folgend, ziemlich kraftlos von schräg unten herauf zu der Kehle der alten Frau geführt. Sie hatte, gänzlich anders, die Lanze zunächst durch Anwinkeln der Arme gekonnt auf Schulterhöhe angehoben und in dieser Position die ganze Spannung ihres Körpers auf die Waffe gebracht, um dann eine Bewegung auszuführen, welche die Lanze über das ruckartige Ausstrecken beider Arme in perfekter Kombination mit einer gleichzeitigen Vorwärtsbewegung ihres gesamten Oberkörpers nach vorne schnellen ließ, womit sie dem Lanzenstich eine immense Kraft und Geschwindigkeit verlieh. Eine absolut perfekte und todbringende Körperbeherrschung! Und sie hatte mit der Lanzenspitze ganz gezielt eine Fingerbreite vor der Kehle der Frau innegehalten. Das war unmöglich die spontane, unbeholfene Bewegung eines Laien gewesen, dieser Ausfall war meisterlich und mit einer Perfektion und Eleganz ausgeführt, wie sie nur ein geübter und erfahrener Kämpfer beherrschte. Vor allem asiatische Kampfkünste vermittelten ja eine solche Präzision. Aus dieser Beobachtung konnte sich nur eine Schlussfolgerung ergeben: diese Frau musste eine ausgebildete und meisterliche Kriegerin sein! Ich war fassungslos!

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